Zylinderkopf zerlegen

Da ich noch nen Ersatzmotor für den 2,0l 8V Corrado meiner Freundin rumliegen habe, und der Originalmotor des Corrados nach knapp 190Tkm ziemlich viel Öl schluckt, hab ich mich entschlossen den Ersatzmotor zu überholen und dabei gleich noch ein bisschen 'scharf' zu machen.

 

Nachfolgend wird also erstmal die Zerlegung eines 8V VW-Zylinderkopfs mit Tassenstößeln ab 1,6l aufwärts beschrieben. Die Arbeitsweise lässt sich aber im Grunde auch auf viele andere Zylinderköpfe übertragen.

 

demontierter Zylinderkopf
demontierter Zylinderkopf

Nach der Demontage des Zylinderkopfes vom Motorblock werden zuersteinmal alle Anbauteile vom eigentlichen Kopf abgeschraubt (Ansaugbrücke, Abgaskrümmer, Spannrolle, Anschlussflansche für Kühlwasser, evtl. Leiste mit Einspritzventilen, Zündkerzen usw.).

Wenn auch der Simmerring auf der Seite vom Nockenwellenrad getauscht werden soll, muss das Nockenwellenrad selbst auch mit abgeschraubt werden. Dazu empfielt es sich, das Rad noch bei eingebauter Nockenwelle abzuschrauben. Zum Gegenhalten beim Lösen der Schraube am Nockenwellenrad kann man einen passenden Hebel durch eine der Öffnungen im Nockenwellenrad hindurchstecken und auf den Rand des Zylinderkopfs auflegen. Darauf achten, dass der verwendete Hebel aus weichem Material besteht (z.B. ein kleines Kantholz), um die Dichtflächen am Zylinderkopf beim Gegenhalten nicht zu beschädigen.

Jetzt kann die Nockenwelle ausgebaut werden. Dazu müssen die Muttern für die Lagerschalen der Nockenwelle gelöst werden. Dabei sollte darauf geachtet werden, dass die Nockenwelle in einen relativ spannungsarmen Zustand gedreht wird, d.h. die Nockenwelle sollte nicht so stehen, dass gerade ein Ventil voll geöffnet ist und somit die dazugehörige Ventilfeder voll belastet wird. Beim Lösen der Muttern am besten bei den äußeren Lagerschalen beginnen und nach innen arbeiten. Die Muttern sollten auch immer nur schrittweise gelockert werden, damit die Nockenwelle nicht unnötig durch den Druck der Ventilfedern verformt wird. Die Lagerschalen sollten alle ab Werk gekennzeichnet sein, somit ist nachher der falsche Einbau der Schalen ausgeschlossen. Wer sich nicht sicher ist der sollte die Lageschalen und die Einbaurichtung kennzeichnen (z.B. mit weissem Edding). Es ist zwingend erforderlich, dass alle Lagerschalen an der selben Stelle und in gleicher Einbaurichtung wieder montiert werden!

Nachdem die Nockenwelle entfernt wurde, können die Stößel herausgenommen werden.

Zylinderkopf ohne Nockenwelle und Stößel
Zylinderkopf ohne Nockenwelle und Stößel

ACHTUNG: Wenn die Stößel weiter verwendet werden sollen, dann müssen diese nachher unbedingt an der gleichen Stelle wieder eingebaut werden. Das selbe gilt für Ventile, Ventilfedern und Federteller. Um nicht den Überblick zu verlieren, empfielt es sich vorher ein 'Ventilbrett' anzufertigen (siehe folgende Abbildung). Dazu kann eine einfache Spanplatte verwendet werden (z.B. von einer alten Schrankwand oder so). In die Platte Bohrungen für die Ventile und Taschen für Stößel Federn und weitere Kleinteile möglichst in einer Reihe einbringen und schließlich das Brett mit einer weiteren Platte (z.B. die Rückwand der o.g. Schrankwand) von hinten vernageln.

Sortieren der Einzelteile auf einem Ventilbrett
Sortieren der Einzelteile auf einem Ventilbrett

Nachdem die Stößel entnommen wurden, werden jetzt die Ventile ausgebaut. Dazu müssen die Ventilfedern zusammengedrückt werden und gleichzeitig das Ventil von unten gegengehalten werden. Dabei werden oben am Ventilschaft zwei konische Halbschalen sichtbar, welche über 3 Nuten am oberen Ventilschaft einrasten. Nach dem Freilegen der Halbschalen, können diese entfernt werden. Danach werden die Ventilfedern entspannt und das Ventil kann nach unten herausgezogen werden. Zum Eindrücken der Federn und Entnehmen der Halbschalen wird in Fachwerkstätten ein spezielles Hebelwerkzeug verwendet. Aber dieses Werkzeug ist nicht unbedingt in jeder Garage zuhause vorhanden. Außerdem muss man mit diesem Werkzeug den Hebel nach unten drücken und halten, wärend man die Halbschalen herauspopeln muss. Am besten macht man das zu zweit.

Aus diesen unvorteilhaften Gründen habe ich mir mit einfachen Mitteln selbst eine Vorrichtung gebaut.:

Man nehme dazu eine lange und eine kurze Holzlatte. Die kurze Holzlatte muss so zugeschnitten sein, dass sie in den Brennraum des Zylinderkopfs passt. Die längere Holzlatte muss sich quer oben auf den Kanten des Kopfs auflegen lassen. Es sollten deshalb Holzlatten (also weiches Material) sein, um nicht die Dichtflächen am Zylinderkopf zu beschädigen. Weiterhin benötigt man noch eine 21'er Zündkerzennuss aus einem schrottigen Nusskasten (5,-€ im Angebot beim Lidl oder bei Tchibo oder so). Die Nuss muss seitlich halb aufgeflext werden (siehe nachfolgende Abbildung).

'Spezialnuss'
'Spezialnuss'

Durch die seitliche Öffnung werden später die Halbschalen herausgefummelt. Dann braucht man noch einen (alten) Maulschlüssel passend zum Sechskant der Zündkerzennuss und eine mittelgroße Schraubzwinge.

Nun zum eigentlichen Ausbau der Ventile:

Als erstes legt mann das kurze Holzstück auf die Ventilteller im Brennraum (siehe Abbildung).

Holzstück zum Gegenhalten der Ventile einlegen
Holzstück zum Gegenhalten der Ventile einlegen

Das Holzstück dient zum Gegenhalten der Ventile beim Eindrücken der Ventilfeder. Dann stellt man den Kopf mit eingelegtem Holzstück an den Rand der Werkbank. Jetzt wird die lange Holzlatte quer oben auf den Kopf gelegt und die 'Spezialnuss' wird auf den Federteller des zu demontierenden Ventils gesetzt. Der Maulschlüssel wird nun auf die Nuss gesetzt und mit dem anderen Ende auf die Holzlatte abgelegt. Schließlich wird die Schraubzwinge unter die Werkbank eingehängt und mit der Spindel wird auf den Maulschlüssel gespannt (siehe Abildungen).

Spannvorrichtung
Spannvorrichtung

Es sollte darauf geachtet werden, dass die Nuss senkrecht auf den Federteller drückt und nicht verkantet. Die Schraubzwinge sollte nahe an der Nuss angesetzt werden. Wenn alles schön sitzt, dreht man die Schraubzwinge weiter ein und die Ventilfeder wird gespannt. Wenn die Feder voll gespannt wurde, kann man mit einem kleinen Schraubendreher o.ä. von oben durch das Loch und/oder seitlich durch die Öffnung die Halbschalen vom Ventilschaft herunterfummeln (siehe Abbildung).

Entfernen der Halbschalen
Entfernen der Halbschalen

Wenn die Halbschalen entfernt wurden, kann man die Ventilfeder wieder entspannen. Beim Entspannen darauf achten, dass sich die Halbschalen nicht zwischen Ventilschaft und Federteller verkeilen. Nun kann man den oberen Federteller und die Federn entnehmen (siehe Abbildungen).

freies Ventil
freies Ventil
Ventilfeder und Halbschalen
Ventilfeder und Halbschalen

Jetzt ist das Ventil frei und kann nach unten herausgezogen werden (siehe Abbildung).

Ventil entnehmen
Ventil entnehmen

Beim Überholen eines Zylinderkopfs sollten auch die Ventilschafttichtungen mit erneuert werden, verschlissene Schaftdichtungen sind oft ein Grund für erhöhten Ölverbrauch. Die Schaftdichtungen müssen oben von der Ventilführung abgezogen werden. Dazu verwendet man am besten eine schlanke Kombizange (siehe Abbildung).

Abziehen der Schaftdichtungen
Abziehen der Schaftdichtungen

Die Schaftdichtung wird mit der Zange gegriffen und unter leichtem Ruckeln, Drehen und Ziehen herausgezogen.

Nachdem die Schaftdichtung entnommen wurde, kann nun auch der untere Ventilfederteller entnommen werden (siehe Abbildung).

Schaftdichtung und unterer Federteller
Schaftdichtung und unterer Federteller

Beim Zusammenbau muss nachher unbedingt darauf geachtet werden, dass zuerst der untere Federteller eingelegt wird und dann erst die neue Schafttichtung auf die Ventilführung aufgeschoben wird.

Jetzt wurde der Kopf vollständig zerlegt. Nun kann der Zustand geprüft werden (Ventilsitze, Ventilführungen etc.).

Erst den unteren Ventilteller einlegen und dann die Schaftdichtung aufschieben!
Erst den unteren Ventilteller einlegen und dann die Schaftdichtung aufschieben!

 

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